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In Analogie zu einer elektrischen Transportleitung wird für die folgenden Betrachtungen vorausgesetzt, dass das mechanische System aus geradlinigen, langen und dünnen Rohren besteht. Unterschiede in Querrichtung können vernachlässigt werden. Weiterhin wird vorausgesetzt, dass das in den Rohren befindliche Material nur kleine Fließgeschwindigkeiten aufweist, so dass keine Turbolenzeffekte auftreten.
Unter diesen Bedingungen können die Phänomene Ausbreitung, Superposition und Reflexion in erster Näherung mit den gleichen Gesetzen und Algorithmen beschrieben werden wie bei einer elektrischen Transportleitung.

 

Hinweis: Alle vorbereiteten Simulationen können allein per Mausklicks erstellt werden.
Kenntnisse bezüglich der Bedienoberfläche des Programms TL werden in dem Video TL-Bedienung vermittelt.

Teil 1: Ausbreitung in mechanischen Systemen

1.2.1. Darstellung des Drucks P in abstrakter Form

Ein Gas unter normalen Bedingungen besteht aus einer unvorstellbar großen Zahl von atomaren oder molekularen Teilchen, die auch nicht annähernd direkt bildlich dargestellt werden können. Um dennoch die Druckverhältnisse längs eines Rohres wiedergeben zu können, muß an Stelle von bewegten und zusammenstoßenden Teilchen eine abstraktere Form der Darstellung gewählt werden.

Graphische Darstellung eines Druckverlaufs
(vorbereitete Simulation: 1-2-1-Druck-abstrakt.xml)

In einem rechtwinkligen Koordinatensystem entspricht die waagerechte Achse der Ortskoordinate in Längsrichtung des Rohres. Auf der senkrechten Achse wird der Druck aufgetragen.
Ein Druck von 0 Einheiten in einem Gas ist nur möglich in einem volkommenen Vakuum oder wenn die Gasteilchen keine thermische Bewegung mehr ausführen, d.h. bei 0 o K. Unter normalen Bedingungen ist in einem Gas immer ein Druck vorhanden.
Aus praktischen Gründen wird häufig der Normal- oder Gleichgewichtsdruck gleich Null gesetzt. Ein Druck oberhalb und unterhalb normal wird dann als +ΔP oder -ΔP gekennzeichnet.

1.2.2. Darstellung der Stromstärke I in abstrakter Form

Soll die Strömung eines Gases innerhalb eines Rohres dargestellt werden, so ist es praktisch nicht möglich, die direkte Bewegung der mikrophysikalischen Teilchen zu zeigen. Die Driftgeschwindigkeit der Teilchen in Längsrichtung des Rohres ist in aller Regel sehr viel kleiner als ihre thermische Bewegung und wäre somit nicht erkennbar. Um dennoch solche Strömungsverhältnisse bildlich wiedergeben zu können, muß wiederum eine abstraktere Darstellung gewählt werden.
Diese wird in der folgenden Abbildung vorgestellt.

Graphische Darstellung eines Strömungsverlaufs
(vorbereitete Simulation: 1-2-2-Druck-abstrakt.xml)

In einem rechtwinkligen Koordinatensystem entspricht die waagerechte Achse der Ortskoordinate in Längsrichtung des Rohres. Auf der senkrechten Achse wird die Stromstärke aufgetragen (positiv bei einer Strömung nach rechts, negativ bei einer Strömung nach links).

1.2.3. Ausbreitung mit positiver und negativer Orientierung

Positive und negative Zahlen können auf einer geraden Linie aufgetragen werden wobei das Vorzeichen der Zahl die Orientierung angibt, in der auf der vorgegebenen Richtung die Zahl in Relation zum Nullpunkt aufzutragen ist.

Positive und negative Zahlen als Beispiel für
die Kennzeichnung einer Orientierung bei vorgegebener Richtung

In gleicher Weise kann die Richtung einer Strömung durch ein Vorzeichen gekennzeichnet werden. Um dies zu ermöglichen, muß der Strom parallel zu einer vorgegebenen Richtung und das heißt in einer geraden Linie verlaufen.
Bei einer solchen Richtung wird üblicherweise eine Orientierung als positiv und die andere als negativ bezeichnet und das gleiche gilt dann für die Orientierung einer Stromrichtung.
Vorbereitete Simulation: 1-2-3-Strom-negativ.xml und 1-2-3-Strom-positiv.xml

1.2.4. Ausbreitung eines Pulses in einem Rohr

Ein Puls in einem mit Gas gefüllten Rohr stellt eine Zone mit erhöhten Druck (erhöhte Teilchendichte) dar, in der die Teilchen eine gemeinsame Driftgeschwindigkeit aufweisen.

Bewegung eines Pulses (einer Druckwelle)
längs eines mit Gas oder Flüssigkeit gefüllten Rohres

Es erscheint als selbverständlich, dass ein solcher Puls längs des Rohres mit konstanter Geschwindigkeit übertragen wir, ohne dabei seine Form zu verändern. Trifft der Puls auf das Ende der Leitung so kann er entweder reflektiert oder mehr oder weniger absorbiert werden.

Die vorbereiteten Simulationen zeigen solche Vorgänge sowie die Überlagerung zweier Pulse. Vorbereitete Simulationen:
Ausbreitung eines Pulses mit vollständiger Absorpton ohne Reflektion:1-2-4-Puls
Ausbreitung eines Pulses mit vollständiger Reflektion ohne Absorption: 1-2-5-Puls-part-Absorption.xml
Ausbreitung eines Pulses mit teilweiser Reflektion und teilweiser Absorption: 1-2-6-Puls-Reflektion.xml
Überlagerung zweier Pulse 1-2-7-Überlagerung

Im folgenden wird eine einheitliche Interpretation all dieser Vorgänge vorgestellt, die ein tieferes Verständnis solcher Vorgänge nicht nur in mechanischen, sondern später auch in elektrischen System ermöglicht.

1.2.5. Eine Zone erhöhten Drucks und ihre Veränderung in der Zeit

Im folgenden wird eine zunächst komplex erscheinende Interpretation eines solchen Bewegungsvorganges vorgestellt, deren Nützlichkeit sich aber bei der Behandlung von Themen wie Superposition und Reflexion erweisen wird.
Die folgende Abbildung zeigt auf der linken Seite eine einzelne Komponente eines Pulses, nämlich eine Zone mit erhöhtem Druck aber ohne Driftgeschwindigkeit. Auf der rechten Seite ist die Situation dargestellt, die sich wenige Augenblicke nach dem Beginn des Ausgleichsvorganges ergibt.

Verschiebung einer Zonen erhöhten Drucks
links: Startposition
rechts: Wenige Augenblicke nach Beginn des Ausgleichsprozesses

Die Teilchen in der komprimierten Zone üben einen größeren Druck auf die benachbarten Teilchen auf als diese ihrerseits aufbringen können. Diese Zone wird sich somit zu beiden Seiten ausbreiten, wobei die eine Hälfte beginnen wird, nach rechts, die andere Hälfte nach links zu driften.
In der Abbildung ist die Driftgeschwindigkeit der Teilchen durch kleine Pfeile angedeutet. Die thermische Bewegung der Teilchen, die in aller Regel sehr viel größer ist, wird nicht gezeigt, obwohl diese Bewegung die ausschlaggebende Ursache für den einsetzenden Ausgleichsprozess darstellt.
Durch schrittweise Aktivierung der Simulation mit Hilfe der Schritttaste besteht die Möglichkeit, diesen Vorgang im einzelnen zu verfolgen.

Simulation der Verschiebung einer schmalen Zonen mit erhöhtem Druck
(vorbereitete Simulation: 1-2-5-nur Druck.xml)

1.2.6. Eine Zone mit driftenden Teilchen und ihre Veränderung in der Zeit

Auf der linken Seite der folgenden Abbildung ist die zweite Komponente eines Pulses, eine Zone mit driften Teilchen jedoch ohne veränderten Druck, dargestellt. Außerhalb dieser Zone befinden sich die Teilchen nur in thermischer Bewegung jedoch ohne einheitliche Driftbewegung.

Unter der Annahme, dass dieser instabile Zustand innerhalb eines sehr kurzen Augenblicks erzeugt wurde, stellt die rechte Abbildung den Zustand dar, der sich nach wenigen Zeitschritten ergibt.

Verschiebung einer schmalen Zone mit driftenden Teilchen
Links: Ausgangssituation
Rechts: Situation nach wenigen Zeitschritten

Auch in diesem Fall ergibt sich eine Ausbreitung zu beiden Seiten.
Auf der rechten Seite (in Richtung der Driftgeschwindigkeit) erzeugen die driften Teilchen eine Zone erhöhten Drucks. Gleichzeitig übertragen sie durch die unvermeidlichen Zusammenstöße ihre Driftgeschwindigkeit auf die Teilchen in dieser benachbarten Zone.
Auf der linken Seite (entgegengesetzt der Driftgeschwindigkeit) hinterlassen die driftenden Teilchen eine Zone mit verringertem Druck. Die Teilchen in dieser Zone beginnen, nach rechts zu driften, da sie von links mehr Zusammenstöße erfahren als von der rechten Seite, von der sich die Nachbarteilchen driftend entfernen.
Die Simulation bieten die Möglichkeit, diesen Vorgang in einzelnen zu untersuchen.

Simulation der Ausbreitung einer Zone driftender Teilchen
ohne Änderung des Drucks

(vorbereitete Simulation: 1-2-6-nur Drift.xml)

Es ist ratsam, die Simulation mit der Schritttaste zu aktivieren, um den Vorgang im einzelnen verfolgen zu können

1.2.7. Bewegung eines Pulses - Eine neue Interpretation

In der folgenden Abbildung A werden als Ausgangssituation die oben besprochenen Komponenten eines Pulses sowie ihre Zusammensetzung zu einem realen Pulse getrennt dargestellt. Der Vergleich zeigt, dass sich die Verschiebung eines Pulses als eine Überlagerung seiner beiden Komponenten deuten läßt.

A: Ausgangslage: Ein Pulse und seine Komponenten an getrennten Orten
B: Situation nach einige Zeitschritten

Wie graphisch angedeutet heben sich die Ausbreitung nach links gegenseitig auf, während sich die Ausbreitungen nach rechts addieren . Das Ergebnis ist eine reine Verschiebung des Ausgangspulses nach rechts ohne Änderung seiner Form. Die Simulation bietet die Möglichkeit, diesen Vorgang im einzelnen zu verfolgen.

Simulation der Ausbreitung eines Pulses und seiner Komponenten
(vorbereitete Simulation: 1-2-7-Puls-mit-Komponenten.xml)

Wiederum ist es hilfreich, wenn die Simulation mit Hilfe der Stepp-Taste und nicht mit der Starttaste aktiviert wird

1.2.8. Wann bewegt sich ein Puls nach rechts, wann nach links?

In dem vorherigen Abschnitt und mit der dort angebotenen Simulation wurde gezeigt, dass sich eine Verschiebung eines Pulses als Überlagerung seiner beiden Komponenten, einer reinen Druckerhöhung (ΔP) und einer reinen Erhöhung der Stromstärke (I), erklären läßt.
Bisher waren sowohl die Druckänderung ΔP als auch die Driftgeschwindigkeit I positiv und dies ergab eine Verschiebung in die als positiv definierte Orientierung, in diesem Fall nach rechts.
Die Simulation bietet die Möglichkeit herauszufinden, was passiert, falls ΔP und I negative sinnd, oder entgegensetzte Vorzeichen aufweisen.

Simulation einer Pulsübertragung in entgegengesetzten Richtungen
(vorbereitete Simulation: 1-2-8-Puls-nach rechts; 1-2-8-Puls-nach-links.xml)

Das von der Simulation gezeigte Ergebnis läßt sich in Form einer einfachen Regel zusammenfassen:
Sind die Vorzeichen von ΔP und I beide entweder positiv oder negativ, so bewegt sich der Puls in die positive Richtung. Bei entgegengesetzten Vorzeichen bewegt sich der Puls in die negative Richtung.
Es mag eine lehrreiche Aufgabe sein, den Fall eines Pulses mit negativem ΔP und negativem I wie im vorherigem Abschnitt detailliert zu untersuchen, um zu erklären, warum sich ein solcher Puls ebenfalls in die positive Richtung bewegt, obwohl die Teilchen in die negative Richtung driften.
Im Editier-Modus können neue Werte für ΔP und I durch Verschieben der kleinen maus-sensitiven Vierecke eingestellt werden.

1.2.9. Ausbreitung eines Pulses bei beliebigem Verhältnis von ΔP/I

Anhand der bisherigen Abschnitte sollte deutlich geworden sein, dass sich ein Puls seitlich ohne Änderung der Form verschiebt, falls sich die Ausbreitung seines Druckanteils und seines Stromanteils einerseits addieren und anderseits gegenseitig auslöschen. Letzteres ist jedoch nur möglich, wenn in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander stehen.
Die folgende Abbildung A zeigt einen Puls mit einem geänderten Verhältnis P/I. Zusätzlich sind die beiden Druck- und Stromanteile jeweils an zwei getrennten Orten eingezeichnet.

Verschiebung eines Pulses mit einem geänderten Verhältnis von ΔP/I
A: Ausgangssituation B: Situation nach wenigen Zeitschritten

Die in Abbildung B darstellte Situation zeigt, dass sich auf grund des vorgegebenen Verhältnisses von ΔP/I die Verschiebungen nach links nicht gegenseitig aufheben. Somit ergibt sich in diesem Fall keine reine Verschiebung des Ausgangspulses, sondern eine Aufspaltung in zwei Pulse, die auseinander laufen.
Wiederum zeigt sich, dass sich das Ergebnis als Überlagerung zweier Ausbreitungsvorgänge deuten läßt: einer beidseitigen Ausbreitung der Zone erhöhten Drucks sowie der Zone mit driftenden Teilchen.
Diese Situation wird in der folgenden Simulation vorgegeben. Bei schrittweisem Ablauf der Simulation kann der Ausgleichsprozess im einzelnen verfolgt werden.

Simulation der Verschiebung eines Pulses mit einem geänderten Verhältnis von ΔP/I
(vorbereitete Simulation: 1-2-9-Puls-mit-ungleichen-Komponenten.xml)

Durch Variation der Ausgangssituation kann überprüft werden, dass dieses Prinzip der Überlagerung - auch Superposition genannt - allgemein gültig ist.


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